Klaus Bierkardt

FARBE

 

Klaus Bierkardts Arbeiten zeichnen sich schon auf den ersten Blick durch Farbe aus.

Malerei heißt für ihn, aus der Farbe das Bild zu formen. Durch die Intensität der Farbigkeit fühlt sich der Betrachter auf direktem Wege angesprochen. Auf den zweiten Blick lassen sich in den Arbeiten Bierkardts assoziativ Erinnerungen aufspüren: Sowohl Landschaften als auch Gegenständliches sowie Figürliches tauchen auf ohne durch Detailgenauigkeit in eine Eindeutigkeit zu verflachen. Der interpretatorische Spielraum bleibt gewahrt.

Aus einem automatistischen Malprozess heraus entwickelt Bierkardt Farbformen, die sich mal scharfkantig von ihrer Umgebung absetzen; andererseits entwickelt sich aber auch durch vielfaches Übermalen und Abstufen von Farbe ein atmosphärischer Raum von unglaublicher Weichheit, der dem Betrachter einen Tiefenblick ermöglicht.

Bei dem Versuch die in den Bildern auftauchenden und sich aus dem atmosphärischen Umraum abgrenzenden Formen gegenständlich und eindeutig zuzuordnen scheitert der Betrachter. Sind es Figuren oder Teile von Figuren? Sind es Pflanzen oder Tiere? Sind es aufgeschnittene Früchte? Trotz dieser Uneindeutigkeit vermitteln die Bilder spontan eine Intimität. Irgendwie hat man diese Welten schon einmal gesichtet. Da Klaus Bierkardt den Bildern meistens keine Titel zuordnet, lässt sich folgern, dass der interpretatorische Spielraum gewollt ist.

An den Bildern wird über einen langen Zeitraum gearbeitet. Meist arbeitet Bierkardt an mehreren Werken gleichzeitig. Zufriedenheit erreicht der Künstler dabei nur selten. So gesehen nähert sich Bierkardt immer nur einer Idee, ohne sie jemals ganz zu erreichen.

Michelangelo hat bei seinen Skulpturen ebenso festgestellt, dass sie im nicht fertiggestelltem Zustand (non-finito) mehr Reize ausströmen als eine ausdefinierte Arbeit.

Auch kann es vorkommen, dass Bierkardt bei seinen Malprozessen schon weit entwickelte Kompositionen verwirft oder auch zerstört, wenn sie seinem Anspruch nicht genügen. Dann beginnt die Arbeit von vorn. Das kann sich bei einem Bild über Monate hinziehen.

An einer Stelle jedoch ist sich Bierkardt sicher und demonstriert sein künstlerisches Anliegen mit aller Entschiedenheit: FARBE

Seine koloristischen Bilder sind an Farbintensität kaum zu überbieten. Mal sind es feinste Farbübergänge von Blau zu Gelb in unzähligen Zwischentönen, mal sind es heftige Farbkontraste in scharfer, komplementärer Abgrenzung. Die Farbdicke kann dabei von extrem dünnen Lasuren über deckenden bis hin zu pastosem Farbauftrag reichen. An manchen Stellen scheint die Farbe direkt aus der Tube auf die Leinwand gedrückt worden zu sein.

Die Reinheit der Farbe ist einerseits durch die hohe Qualität der verwendeten Pigmente zu erklären; andererseits durch die Art des Mischens: Nie werden die Farben zu unbunten Tönen gebrochen oder getrübt. Nur die reinen Spektralfarben des Sonnenlichtes finden sich in den Gemälden wieder und beeinflussen so direkt unser Gemüt.

Michael Reuter